Sie sind hier: Startseite / 50 Jahre Gymnasium Bäumlihof / Portrait des Monats September: Andrea Fischli Roth

Artikelaktionen

Portrait des Monats September: Andrea Fischli Roth

Sie filmt in der Cheops-Pyramide und quetscht sich durch enge Höhlen als Produzentin bei der Wissenssendung Einstein. In London war sie Korrespondentin des Schweizer Fernsehens – inklusive nicht erlaubtem Small Talk mit «His Royal Highness» Prince Charles. Andrea Fischli Roth hätte sich so etwas während ihrer Schulzeit am Gymnasium Bäumlihof nie träumen lassen.

Bild Legende:

Andrea Fischli Roth, wann sieht man Sie am Fernsehen?

Oh, diese Zeiten sind schon lange vorbei. Früher als Korrespondentin sah man mich regelmässig in der Tagesschau oder im 10vor10, heute eigentlich nicht mehr. Wobei, vor einem Jahr hat unser Einstein-Moderator Tobias Müller mich vor die Kamera gezerrt, weil er an mir demonstrieren wollte, wie eine Spezialkamera noch unsichtbare Hautschäden sichtbar macht. Aber sonst agiere ich immer hinter der Kamera.

Wie sieht denn Ihre tägliche Arbeit aus?

Es gibt die weniger spektakulären und die spektakuläreren Tage. 4 von 5 Tagen (oder sogar mehr) gehe ich ins Büro und arbeite am Computer-Arbeitsplatz an Vorbereitungen, Recherchen, Telefonaten. Am Filmtag begleite ich aber auch heute noch das Kamerateam bei der Arbeit und führe quasi Regie. Ich führe die Interviews – und zwischendurch quetsche ich mich eben auch durch den engen Eingang der Schrattenhöhle in Melchsee-Frutt oder filme in der Cheops-Pyramide. Diese Drehs sind nicht gerade alltäglich. Daneben fungiere ich, obwohl ich die bin, welche die Fäden in der Hand hält, auch immer mal wieder als Hilfsarbeiterin und muss einen Reflektor halten, eine Lampe aufstellen helfen oder Ähnliches.

Aber in London standen Sie vor der Kamera?

Ja, ich war London-Korrespondentin von 1999-2001 – schon eine Weile her also. Und ich hatte dabei auch ein wenig Glück. Mein Mann erhielt eine Forscherstelle in London. Da ich ja schon in England gewesen war, sogar dort ein Masterstudium gemacht hatte, dachte ich, da finde ich bestimmt irgendeinen Job. Jemand von der Tagesschau-Redaktion hat mich dann angefragt, ob ich nicht einen Bericht über die Parlamentsdebatte zur Fuchsjagd machen könne, wenn ich schon in England sei. Auf diesen Beitrag folgten weitere und nach einiger Zeit meldete sich 10vor10 und fragte, ob ich nicht auch für ihre Redaktion arbeiten könne. So war ich dann nach einigen Monaten plötzlich England-Korrespondentin. Und auch da habe ich viel erlebt, es war die Zeit vom Rinderwahn und der Maul- und Klauenseuche. Und Herzog und De Meuron eröffneten die Tate Modern.

Bild Legende:
Als Korrespondentin in London, 2001

Wollten Sie schon immer zum Fernsehen?

Nein, nein, sowas hätte ich mir während meiner Schulzeit nie träumen lassen! Ich wusste nur, dass ich richtig Englisch lernen wollte, denn ich habe eine klassische Matur Typus A und hatte nur Latein und Altgriechisch – dafür kein Englisch. Nach dem ersten halben Jahr Altgriechisch habe ich mir die Haare gerauft: Was mache ich eigentlich hier? Meine beste Freundin, die mit mir im Griechisch sass, hat mich dann aber überredet zu bleiben. Ich habe also brav weiter Griechisch gemacht, habe mir aber vorgenommen, Englisch auf jeden Fall nachzuholen. Also bin ich nach der Matur als Erstes vier Monate nach Oxford.

Aber trotzdem sind Sie schon seit 24 Jahren bei SRF.

Ja. Und das, obwohl ich nicht einmal wusste, ob ich Geschichte oder Biologie studieren soll. Ich habe dann Biologie gemacht und mein Diplom in Genetik abgeschlossen. Auch an der Uni gab es zwischendurch immer wieder Phasen, in denen ich mich fragte, ob ich auf dem richtigen Weg sei. Zum Beispiel beim endlosen Pipettieren im Labor … Da ich immer schon gerne schrieb – auch Aufsätze in der Schule –, habe ich versucht, einen Nebenjob als Journalistin zu ergattern. Bei der damaligen Nordschweiz (heute Basellandschaftliche Zeitung) kam ich tatsächlich als freie Mitarbeiterin unter. Mich hat das angespornt, mein Studium zu beenden, um danach Wissenschaftsjournalistin zu werden. Mit diesem Ziel vor Augen hatte ich genügend Motivation, auch die etwas weniger attraktiven Seiten des Studiums zu bewältigen. Danach war ich für ein weiteres Masterstudium in London, der Studiengang hiess Science Communication. Zurück in der Schweiz konnte ich beim SRF ein Praktikum machen und bekam so meine erste SRF-Stelle bei der Gesundheitssendung PULS. Das war 1995.

Was war für Sie das Highlight in dieser langen Fernsehkarriere?

Ach, das ist eine schwere Frage, da gibt es so viele tolle Sachen, die ich erleben durfte, egal ob bei PULS, in London oder danach bei 10vor10 und Einstein. Ich habe sogar mal unerlaubterweise mit Prinz Charles geplaudert. Das war während eines Besuchs vom damaligen Bundespräsidenten Adolf Ogi in London. Wir sollten einen Beitrag für die Tagesschau machen und wurden in einen Innenhof des St. James Palace bestellt. Der Prinz würde für einen Handshake kurz aus dem Palast kommen, was wir filmen durften. Wir wurden eingehend instruiert: Don’t talk to His Royal Highness! Eine halbe Stunde vor dem Termin waren wir da und richteten uns ein. Es nieselte und wir warteten. Etwa 10 Minuten vor dem Termin öffnete sich die Tür des Raums, in dem das Treffen stattfinden sollte. Der Prinz höchstpersönlich streckte den Kopf heraus, wohl um sich zu vergewissern, ob es noch regnete und ob er einen Schirm brauchte oder nicht. Dann blickte er um sich und fragte: Anyone here from Switzerland? Wir schauten uns an und dann meldete ich mich: Yes, me. Darauf erkundigte er sich, wie in der Schweiz das Wetter sei, er plane Skiferien. Aus einem Telefonat mit meinen Eltern wusste ich ungefähr Bescheid und sagte ihm, das Wetter sei durchzogen, es habe aber genug Schnee und für die Woche drauf sähe das Wetter auch besser aus. Er bedankte sich höflich und ging zurück in den Raum. Der Rest des Drehs verlief dann wieder ganz nach Protokoll.

Wir möchten zum Schluss nochmal zum GB kommen. Was hat das GB Ihnen für Ihr Leben mitgegeben?

Vor allem Freundschaften. Da gibt es einige, die bis heute gehalten haben – nicht nur aus meinem Jahrgang, auch mit Schülerinnen, mit denen ich damals als J+S-Skileiterin auf der Piste war. Sogar das Griechisch, bei dem ich ja lange dachte, das sei völlig für die Katze gewesen, bringt mir heute bei Einstein im Themenbereich Archäologie da und dort etwas. Nicht die Sprache an und für sich, mehr der Bezug zu den alten Kulturen, den ich so aufbauen konnte.

Wie ist es denn für Sie als Mutter, eine Tochter an Ihrer Ex-Schule zu haben?

Ich bin richtig stolz, denn, wenn ich hier hereinkomme, erkenne ich das Schulhaus fast nicht mehr. Und ich finde, so muss es eigentlich sein. Eine Schule muss mit der Zeit gehen, muss modern werden oder bleiben. Ich finde es toll, dass es hier heute so fortschrittliche Lehr- bzw. Ausbildungsmodelle gibt.

Haben Sie noch einen Rat für unsere Schülerinnen und Schüler?

Man macht sich vielleicht manchmal zu viel Druck als junger Erwachsener und hat das Gefühl, man müsse sofort wissen, was man werden will. Ich wusste es vor dem Studium nicht, habe etwas ausgewählt, war während dem Studium unsicher, ob es das Richtige sei, fand dann plötzlich doch einen Weg. Ich habe das Gefühl, das gehört dazu. Es ist ein Findungsprozess und vielleicht gibt es einmal einen Irrweg oder Umweg, aber das ist nicht schlimm. Bei mir war es jedenfalls so, dass es mir am Schluss immer doch etwas brachte.

Herzlichen Dank für das Gespräch!


Das Gespräch führten Thomas Baier und Thomas Michel.

Interview in der Schrattenhöhle, 2017

Hilfsarbeiten in Luxor, 2018

Untersuchungsobjekt in der Sendung über die Haut, 2018

Anmelden


Passwort vergessen?