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Portrait des Monats Juni: Salome Hofer

Mit 18 im Einwohnerrat Riehen, mit 22 Einwohnerratspräsidentin und Grossrätin, nun mit 33 Statthalterin des Grossen Rates und nächstes Jahr Grossratspräsidentin. Salome Hofer (SP) hat seit ihrer Matur im Gymnasium Bäumlihof schon viel erreicht. Ich traf die zukünftige höchste Baslerin im Vorzimmer des Grossratssaales und sprach mit ihr über ihr Talent fürs Vermitteln, was sie am GB gelernt hat und welche Tipps sie Jugendlichen geben würde - sowie ihrem eigenen Teenager-Ich.

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Meine Generation wird aktuell durch die Klimastreiks politisiert. Was war für dich der Auslöser, dich für Politik zu interessieren?

Es hatte viel mit meiner Familie zutun, da wir zuhause immer viel politisierten. Als ich 14 war, sah meine Mutter ein Inserat in der Zeitung, welches für die Eidgenössische Jugendsession warb. Sie schlug mir vor, daran teilzunehmen, da ich mich ja für Politik interessierte. Ich meldete mich an und es nahm mir total den Ärmel rein und ich wurde schliesslich auch Präsidentin der Jugendsession. Das war der Start. Bezogen aufs GB kann ich mich an die Demonstration gegen den Irakkrieg erinnern, die 2003 stattfand und die ich mitorganisierte. Da gab es eine Demonstration von allen Gymnasien aus und wir liefen vom GB aus in die Stadt. Das fand ich unglaublich.

… und mit 18 wurdest du in den Einwohnerrat Riehen gewählt

Ja, mit 18 bin ich in die SP eingetreten - das hatte viel damit zutun, dass mein Vater ebenfalls SP-Mitglied ist und meine Mutter häufig SP wählt. Michael Martig, damals Mitglied des Einwohnerrates, fragte mich, ob das nicht etwas für mich wäre. Und überraschenderweise klappte es sofort und dann ging’s los.

 … und dann wurdest du Präsidentin des Einwohnerrates

 Ja, genau, mit 22 wurde ich Einwohnerratspräsidentin.

"Da gab es eine Demonstration von allen Gymnasien aus
und wir liefen vom GB aus in die Stadt.
Das fand ich unglaublich.
"

Salome Hofer

Wie war das so?

Das war eine sehr tolle Erfahrung, da ich sehr gerne koordiniere und organisiere. Die Aufgabe der Einwohnerratspräsidentin ist es ja, die Sitzungen zu leiten - eine Sache, die ich sehr reizvoll finde. Ich bin nicht so eine krasse Parteisoldatin, denn ich bin recht schnell - manchmal vielleicht zu schnell - kompromissorientiert. Wobei es der sozialdemokratischen Sache vermutlich dienlicher wäre, an den eigenen Punkten etwas länger festzuhalten. Doch das Sitzungsleiten und die damit verbundene Suche nach dem Ergebnis und die Effizienz liegt mir sehr. Das Arbeiten in den Kommissionen gefiel mir früher auch sehr. Heute bin ich zwar in keiner mehr tätig, doch früher war ich in der Wirtschaftskommission des Grossen Rates und durfte in diesem Rahmen zwei sehr grosse Vorlagen begleiten. Das eine war die Pensionskassenrevison und bei der anderen ging es um Dienstaltersjubiläen und Ruhegehälter von Regierungsräten. Ich war in einer Gruppe involviert, die versuchte, den Kompromiss zwischen allen Parteien zu finden. Das ist genau mein Ding: Zu schauen, wo wir uns finden können - mit dem Ziel, dass wir am Schluss eine Lösung haben, die "verhebt", sodass es kein Referendum gibt und alle dahinterstehen können. Das finde ich toll.

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Foto: Michael Fritschi

Wie ist eigentlich die Stimmung im Grossratssaal?

Sie ist sehr gut, zum Teil unruhig, da viele hin- und her und aus dem Saal gehen. Es sitzen also nicht alle brav da und hören einander zu. Je nach Debatte kann es schon hitzig werden, doch ich empfinde die Stimmung zu 99% als sehr respektvoll und unpersönlich.

Nun gut, aber wieviel Respekt ist da, wenn ständig Leute aufstehen und herumlaufen?

Ja, stimmt, das ist schwierig. Das hat halt damit zu tun, dass das alles Milizler sind, die noch arbeiten und andere Sitzungen von anderen Geschäften haben. Was bei uns speziell ist: Wir haben Fraktionssitzungen und danach gibts den sogenannten Krüzlistich und dort drauf sieht man, welche Partei für welches Geschäft ist. Am Dienstagmorgen wissen eigentlich alle, wie der Hase läuft. Die eigentliche Debatte findet folglich nicht im Grossratssaal statt sondern in den Kommissionen und in den Fraktionen. Dass einmal ein Entscheid anders herauskommt, als es auf dem Krüzlistich angezeigt wurde, ist sehr selten. Das Spannende an den Debatten ist, wenn irgendwelche Leute ein Votum halten und dadurch einen völlig neuen Aspekt reinbringen.

"Das wichtigste sind die vielen Freundschaften,
die ich im GB geschlossen habe."

Salome Hofer

Was hast du aus deiner Schulzeit am Bäumlihof mitgenommen?

Das wichtigste sind vermutlich die vielen Freundschaften, die ich dort geschlossen habe. Meinen allerbesten Freund habe ich im GB kennengelernt, die Mutter meines Gottemaitlis ging mit mir in die Klasse: zehn meiner engsten Freunde stammen aus meiner Zeit am GB. Das ist wohl persönlich das wichtigste. Sonstiges: Dass ich mit Sicherheit nicht Bio oder Chemie studieren will, denn das war mein Schwerpunktfach. Ich habe gemerkt, dass das gar nicht geht, weil ich viel zu schlecht bin (lacht). In diesem Alter wird man zum ersten Mal politisiert - das ist bei euch wohl auch so. Ich diskutierte mit vielen Leuten am GB über Politik und engagierte mich auch im Schulalltag, beispielsweise als Klassensprecherin. In sehr guter Erinnerung ist mir auch die Maturrede, die ich zusammen mit einer Freundin hielt, unsere Maturreise und unser Theater „Romolus der Grosse“ geblieben.

Und was hat dir gefehlt?

Ich persönlich hatte eine Matheschwäche und nicht alle Lehrer haben dazu beigetragen, dass dies besser wurde. Doch ich würde insgesamt sagen, dass es hauptsächlich an mir und nicht an den Lehrern lag.

Es geht aber meiner Meinung nach mehr um die Fähigkeiten, die man im Gym und zusammen in der Klasse erlernt. Die Maturarbeit fand ich grossartig: Ich schrieb eine Broschüre für Riehener Jugendliche, die ihnen das politische System der Schweiz erklärte. Diese wurde ein paar Jahre lang an alle 18-jährigen Riehener zusammen mit den Abstimmungsunterlagen verschickt.

Wenn du deinem 17-jährigen Ich einen Ratschlag erteilen könnest: Welcher wäre es?

Hmmm…. (überlegt) Ehrlich gesagt hätte ich mehr Gas geben können in der Schule. Ich habe wirklich nur das Minimum gemacht und das Zittern in der Matur war total uncool. Das würde ich heute anders machen. Natürlich kann man sagen: Wann habe ich jemals wieder die Winkel eines rechtwinkligen Dreiecks berechnen müssen, aber es geht mehr um die Haltung: Sich Selbstdisziplin anzueignen, denn das ist wichtig für später.

Du hattest aber neben der Schule einen ganzen Haufen anderer Aktivitäten.

Ja gut, mit 17 habe ich die Jugendsession geleitet, war in der Pfadi, habe Piccolo gespielt und Leichtathletik gemacht und dementsprechend flossen alle meine Abende in Pfadivorbereitungen und Jugendsessionsitzungen in Bern.

Ich hoffe, dir ist aber auch noch etwas vom Inhalt geblieben: Was war das Nützlichste, was du am GB gelernt hast?

Ich denke, dass ich im Gym gelernt habe, für mich selber verantwortlich zu sein, nachdem ich in der Primar und OS noch eher schüchtern gewesen war. Das lernte ich beispielsweise mit der Maturarbeit, wo ich selber verantwortlich war, dass das klappt. Ich war auch damit konfrontiert, dass nicht immer alles funktioniert: Ich erlebte einen Rückschlag, als ich eine Klasse wiederholen musste. Vor der Matur stand es um mich sehr knapp, ich lernte also damit umzugehen, dass man auch manchmal die Zähne zusammenbeissen und arbeiten muss, damit man sein Ziel erreicht. Mir fiel die Schule nicht immer leicht.

Inhaltlich habe ich wohl von Deutsch und Geschichte viel profitiert, vermutlich, weil mich das sehr interessiert. Ich konnte eine gute Grundbasis fürs Französisch legen dank meinem sehr tollen, aber strengen Lehrer Herr Scherrer. Der unterrichtet wohl nicht mehr.

„Am Schluss ist es die Leidenschaft,
die mich antreibt.

Salome Hofer

Welchen Tipp würdest du meiner Generation geben? Worauf kommt es an?

Am Schluss kommt es auf die Leidenschaft an. Jedenfalls ist das bei mir so. Mache ich etwas gerne und mit Leidenschaft, dann mache ich es sicher besser - vielleicht nicht gut, aber besser, als wenn ich es nicht hätte. Leidenschaft treibt mich an. Macht also etwas, wofür ihr Leidenschaft habt und nicht das, wo ihr das Gefühl habt, dass es vielleicht nicht schlecht wäre. Und wenn ihr gerade mal nicht wisst, was ihr wollt, dann ist das nur halb so tragisch. Ich hatte zwar den Vorteil, dass ich wusste: Ich will Politikwissenschaften studieren. Doch nach dem Bachelor merkte ich, dass mir der Master zu mühsam wäre, also machte ich ihn berufsbegleitend in Kommunikation. Das war zwar anstrengend, doch ich fand es so toll, dass es keine Rolle spielte. Diese Angst, dass es nicht gut kommt, ist eigentlich unbegründet. Am Schluss kommt es auf einen selber an, ob es gut kommt oder nicht, egal wie lange der Weg war. Mit 17 hatte ich das Gefühl, ich müsste jetzt wissen, was ich studiere, und dann müsste ich das studieren und dann müsste ich mit Arbeiten beginnen. Ich dachte, das sei der Plan, aber den darf man ein bisschen lockerer sehen.

Wie blickst du in die Zukunft:

Ich freue mich extrem auf das Jahr als Grossratspräsidentin; es fordert mich aber auch zeitlich mit meinem 80% Job bei Coop heraus. Danach habe ich keine politischen Ambitionen, wobei ich nicht so weit in die Zukunft schaue. Ich bin aber ziemlich sicher, dass ich nicht nach Bern will.

Warum nicht?

Es reizt mich nicht. Ich kann es nicht anders sagen. Als kompromissorientierter Mensch bin ich sehr harmoniebedürftig, was manchmal ein Nachteil ist. Ich habe das Gefühl, in Bern sei alles ein bisschen rauer als hier und ich denke, das würde mich zu stark frustrieren. Viele Leute sagen, dass man dies schon lerne und man schon eine dicke Haut bekomme, aber vielleicht will ich gar keine dicke Haut. Aber möglicherweise rede ich in 10 Jahren ganz anders.

Doch zuerst einmal kommt dein Jahr als Grossratspräsidentin auf dich zu!

Ja genau, darauf freue ich mich sehr!

Salome Hofer, vielen Dank für das Gespräch!

 
Das Gespräch führte Nadia Tamm (4Qb).
Titelbild: Nadia Tamm
Alle anderen Fotos: Michael Fritschi

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