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Portrait des Monats Januar: Florence Gschwend

Vor 10 Jahren hat Florence Gschwend ihre Matur am Gymnasium Bäumlihof gemacht. Heute ist sie CEO von Chrysalix Technologies, einer Spin off Firma des Imperial College in London, die aus Altholz Cellulose und Lignin recyclet. Sacha Glardon hat mit seiner ehemaligen Schülerin Florence Gschwend über Höhen und Tiefen ihrer beruflichen Laufbahn gesprochen.
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Vor 10 Jahren haben Sie Ihre Matur am Gymnasium Bäumlihof gemacht, heute sind Sie CEO von Chrysalix technologies: eine rasante Karriere, insbesondere in einem naturwissenschaftlichen Fach. Können Sie Ihren Werdegang kurz beschreiben?

Nach der Matur am GB und dem Bachelorabschluss in Chemie an der Uni Basel hatte ich ein wenig die Nase voll vom Studieren und von der Schweiz. So machte ich ein Auslandspraktikum in Polen, wo ich an der Wasseraufbereitung mittels neuer Membranen gearbeitet habe. Dann bewarb ich mich für verschiedene Master Studiengänge im Themenbereich nachhaltige Chemie und 2012 begann ich am Imperial College in London das Studium. In der Folge erhielt ich eine Doktoratsstelle, finanziert von zwei Institutionen, die sich mit Klimawandel und Umwelt befassen. 

Während des Doktorates habe ich einen chemischen Prozess mitentwickelt, der mit Hilfe von flüssigen Salzen aus verschiedenen Holzabfällen neue Ausgangsstoffe für die erneuerbare chemische Industrie herstellt. Ich habe dann angefangen, das Projekt von der Unternehmerseite anzusehen, und mich für diverse „Business idea competitons“ beworben. Am Ende meines Doktorates hatten wir schon £ 80‘000 (ca. CHF 100‘000) an Preis- und Innovationsgeldern erhalten. Da war es nur logisch, weiterzumachen.

«Es ist mein persönliches Ziel, von der universitären Forschung
her eine möglichst grosse positive Auswirkung auf den Menschen
und die Umwelt zu haben.»

Florence Gschwend

Was macht Chrysalix und welche Ziele wollen Sie mit diesem Unternehmen erreichen?

Chrysalix entwickelt den Labor-Prozess, den ich während des Doktorats mitentwickelt habe, weiter in einen industriellen Prozess. Das heisst auch Produktentwicklung, zum Beispiel von der Cellulose und dem Lignin, den zwei Hauptprodukten unseres Prozesses, hin zu brauchbaren Endprodukten wie etwa Holzleim oder Bio-Plastik. Unser Ziel ist die Entwicklung einer platform technology, die es ermöglicht, verschiedene biologische Abfälle aufzuwerten. Es ist mein persönliches Ziel, von der universitären Forschung her eine möglichst grosse positive Auswirkung auf den Menschen und die Umwelt zu haben.

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CEO eines Unternehmens in London – das mutet fantastisch an, aber wie sieht ihre tägliche Arbeit aus?

Fast jeder Tag ist anders und vieles hat sich auch schon verändert, seit wir im Juni 2017 offiziell angefangen haben. Im Moment mache ich alles, von der Geschäftsentwicklung über die Buchhaltung und das Marketing bis hin zum Fundraising. Ich gehe an internationale Konferenzen, Messen und Veranstaltungen, treffe mich mit Investoren, führe Gespräche mit potenziellen Kunden und betreue ein kleines Team von Ingenieuren. Die meiste Zeit verbringe ich wohl mit E-mails und Telefongesprächen, also nicht so glorreich, wie sich das einige Leute vorstellen.

Was ist Ihre Motivation für Ihren Einsatz mit Chrysalix?

Mir gefällt die Herausforderung. In der Schule wurde mir oft langweilig, das hat mich sehr genervt. Als CEO von einem Start-up wird einem so gut wie nie langweilig, was natürlich nicht heisst, dass es immer Spass macht. An Tagen, an denen nichts richtig laufen will, motiviert mich die Tatsache, dass - falls wir erfolgreich sind - unsere Firma etwas Gutes für die Gesellschaft und die Umwelt bewirken kann. Und falls es mit dieser Firma und dieser Idee nicht klappt, dann habe ich viel beim Versuch gelernt und kann es mit einer neuen Idee ein weiteres Mal probieren.

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Aufgrund Ihres Engagements haben Sie bereits einige Preise gewonnen wie zum Beispiel den mit 15'000 Euro dotierten European Institute of Innovation and Technology Award. Welche Wirkung haben diese Preise auf Ihre Arbeit?

Dieser und andere Preise haben es uns ermöglicht, uns bis jetzt ohne externe Investoren zu finanzieren. Das heisst, wir hatten mehr Zeit, um den Wert unserer Firma zu vergrössern, bevor wir einen Teil an Investoren abgeben müssen. Ausserdem ist es auch immer ein Motivationsboost und es gibt uns mehr Glaubwürdigkeit, wenn man Anerkennung von einer renommierten Organisation erhält.

«Es braucht Niederlagen, um zum Erfolg zu kommen»

Florence Gschwend

Wenn Sie an Ihre Zeit am GB zurückdenken, welche Kompetenzen, die Sie hier gelernt haben, waren wertvoll und was kam eher zu kurz?

Das Wertvollste war wohl die Maturarbeit. Allein an einem kleinen Projekt arbeiten zu müssen, hat mir einiges beigebracht. Es hat mir gezeigt, was ich gerne und gut mache, und was ich lieber vermeide. Was manchmal zu kurz kam, war das eigenständige Aneignen von Wissen.

Wenn Sie unseren jetzigen Schülern einen Tipp mitgeben, wie lautet dieser?

Mein Tipp ist, sich nicht vor Niederlagen zu fürchten. Oft lernt man am meisten, wenn man etwas sehr Schwieriges versucht, und da ist es nur natürlich, dass es manchmal schiefgeht. Ich bewerbe mich häufig vergeblich für Innovationsgelder und Preise. Einige unserer Tests, die viel Geld und Zeit gekostet haben, haben nicht funktioniert, und Gespräche mit Investoren sind selten einfach. Aber diese Niederlagen braucht es, um zum Erfolg zu kommen.

Chrysalix Technologies

  • gegründet 2017
  • Forschung an einem chemischem Prozess für das Recycling von Altholz, um es als kostengünstigen Rohstoff für Chemikalien, Brennstoffe und Werkstoffe zu verwenden
  • zahlreiche Auszeichnungen, unter anderen:
    • "EIT Change Award 2017" des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts
    • 2. Preis am Social Innovation Tournament 2018, Spezialkategorie "Kreislaufwirtschaft"

 

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