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Napoleon versus Jeff Bezos. Eine Theaterkritik

03.09.2020

Die Klasse 3i spielt «Die chinesische Mauer» nach Max Frisch in der Open-Air-Arena des Gymnasiums Bäumlihof und verbindet das Stück geschickt mit aktueller Gesellschaftskritik.

Von Lukas Münzel, 3p

Ein scheinbar kriegslustiger Kaiser, eine rebellische Prinzessin und ein macht-hungriger Prinz kämpfen im alten China für ihre Interessen. Schnell aber verkompliziert sich die Situation, nicht nur weil plötzlich eine Gruppe Jugendlicher aus dem 21. Jahrhundert ins Bild tritt.

Schon Max Frisch liess in seinem Drama «Die chinesische Mauer» aus dem Jahre 1946 berühmte Personen aus der Geschichte (Napoleon, Cleopatra usw.) und damals aktuelle Themen aufeinanderprallen. Denn Frisch hat das Stück nach dem verheerenden Abwurf der Horishima-Atombomben geschrieben.

Und so ist es nur konsequent, wenn die Klasse 3i zusammen mit ihrer Regisseurin Céline Meyer das Theaterstück modernisiert und geschickt potentiell apokalyptische Themen unserer Gegenwart wie den Klimawandel in den Rest der Handlung einbaut.

Schauspielerisch überzeugen die sehr unterschiedlichen Rollen aus den verschiedensten Zeitepochen, von der Prinzessin aus dem alten chinesischen Kaiserreich über Napoleon Bonaparte bis zu Jeff Bezos. (Der Amazon-Gründer gilt gegenwärtig mit einem Vermögen von 200 Milliarden US-Dollar als die reichste Person der Welt…)

Zum Reiz der Inszenierung trägt neben den schauspielerischen Leistungen bei, dass die Handlung immer wieder zwischen der Spielebene (den Figuren der Handlung) und der Perspektive der Schauspielerinnen und Schauspieler hin und her wechselt.

Zudem ist der Aufführungsort speziell: Covidbedingt spielt das Stück in der Open-Air-Arena des Gymnasiums Bäumlihof. Der Spielort fühlt sich zwar etwas ungewohnt an, die Arena passt aber sehr gut zu einem Stück, in dem grosse Personen aus der Weltgeschichte auftreten. Die Theateraufführung in der Arena funktioniert überraschend gut, sofern man eine Jacke dabeihat.

Obwohl das Stück die Zuschauerinnen und Zuschauer über gewisse Details der Handlung im Dunkeln tappen lässt und das Geschehen wegen vorbeifahrenden Zügen manchmal für einige Sekunden gestoppt werden muss, ist der Besuch der Theateraufführung insgesamt absolut empfehlenswert. Vor allem für alle, die immer schon einer Diskussion zwischen Napoleon und Jeff Bezos miterleben wollten.

 

Bilder: Jacques Merkle, Klasse 3p